Wir stehen um 8.06 Uhr an der Busstation in Andelsbuch. Wir, das sind mein Vater Helmut, ein Fotograf und Bergführer, sowie seine Tochter, also ich. Wir beide wollen heute auf die Hochkünzelspitze, eine Bergwanderung, wie wir sie in meiner Kindheit oft gemacht haben. Diesmal soll mich mein Vater mit seiner Erfahrung auf die Besonderheiten des Weges aufmerksam machen. Eine geführte Bergtour sozusagen, und die Geführte bin ich. Er hat den Landbus Bregenzerwald als Anfahrtsgelegenheit zum Berg vorgeschlagen. Das Auto stand in unserer Familie lange für Unabhängigkeit und Ansehen. Aber damit ist seit langem Schluss. „Im Bus kann ich mich hinflacken und muss mich um nichts kümmern. Untertags haben wir in Vorarlberg eine super Taktung, das begünstigt die Planung“, ist seine Begründung. „Die Natur ist mein Arbeitgeber. Ich sehe es als meine besondere Verantwortung, darauf achtzugeben, das ist nie ein Verzicht.“ Er meint damit, die Öffis zu benutzen. Das macht ihm auch Spaß, er sieht sich nicht als moralisierender Naturapostel. Als 17-jähriger Pfister ist er noch abrupt vom Berg zurück nach Hause ins Tal geflüchtet. Heute gibt es kaum einen anderen Ort, an dem er sich lieber aufhält und um den er sich mehr kümmert, als die Berge.
Der Bus bringt uns zur Station Schoppernau- Schalzbach auf 900 Meter Seehöhe. Hier sind wir, ohne Suche nach einem freien Stück Asphalt mit Abstellerlaubnis. Vor allem aber ohne die Einschränkung, den Ausgangspunkt zum Ziel machen zu müssen. Der Bus ermöglicht uns Ortsungebundenheit, das heißt, wir können das Ziel unserer Wanderung ohne Abhängigkeit vom Auto wählen. Es regnet oft im Bregenzerwald. In Zeiten des Klimawandels, wo es immer trockener wird, eine gute Sache. Dem Niederschlagsreichtum der Region verdanken wir die saftiggrünen Wiesen, durch die wir unsere Schritte setzen. Lang erfahren im Wandern, verfallen wir in einen gemächlichen Rhythmus. Es geht bergan. Endlich auf der Oberschalzbachalpe. Hätten wir heute mehr Zeit, käme jetzt der Einkehrschwung. Doch wir müssen weiter. Vorbei am Alpgebäude sagt mein Vater: „Mich freut es, wenn die Alpen aktiv sind und eigene Produkte anbieten. Wir sollten das Angebot nutzen. So bleiben Traditionen und Rituale erhalten.“ Gut, aber diesmal nicht. Unterwegs Richtung Obere Gautalpe kommt er noch einmal auf die Alpwirtschaft zu sprechen. Er meint, Alpwirte, Politik, Tourismus und Freizeitwirtschaft müssten zusammenarbeiten und einander respektieren. Die Bereiche spielen letztlich zusammen. Kooperation bringe Mehrwert für alle. Wir hätten doch einkehren sollen, denke ich.