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Zündende Ideen

Zündende Ideen

Der Mellauer Norbert Bischofberger, Erfinder des Grippemittels Tamiflu, lässt mit Klaus Riezler in seinem Heimatort eine neue Sonne aufgehen – und was für eine!

„Klein-Paris“ nannte man Mellau einst und sprach vom „sündigen Dorf“. Stein des Anstoßes waren Tanzabende, die Sonnenwirtin Margret Bischofberger veranstaltete. Da drehte man sich nicht etwa zur Polka im Kreis, sondern übte sich im Twist. Ein Tanz, der in den 1950er Jahren als unanständig galt. Den Gästen gefiel es, die Sonne florierte. Ein Hotel kam dazu und – schon wieder etwas Sündiges: die „Tenne“, weitum die erste Disco. Das war Anfang der 1970er Jahre, als an den schneesicheren Nordhängen der Kanisfluh das neu eröffnete Skigebiet von Mellau begeisterte Wintersportler anzog. Mellau wurde zum Urlaubsort mit den meisten Übernachtungen im Bregenzerwald. Während Margret Bischofberger Schwung nach Mellau brachte, widmete sich eines ihrer sechs Kinder den Geheimnissen der Chemie. Sohn Norbert experimentierte schon als Volksschüler in seinem geheimen Labor am Dachboden. Mancher Mellauer erinnert sich, wie er den Briefkasten mit der ganzen Weihnachtspost sprengte. Mit 27 schon weniger explosiv, zog Norbert als frisch promovierter Biochemiker in die USA. Er arbeitete bei Pharmafirmen und forschte an der Harvard Universität. Beim Biotech-Unternehmen Gilead entwickelte er schließlich das Grippemedikament Tamiflu, wissenschaftlich wie auch wirtschaftlich ein durchschlagender Erfolg. Mit Mellau blieb der Wissenschaftler immer verbunden. Auch, als die Sonne nach dem Tod seiner Eltern zu neuen Besitzern kam. Dann warf sein Freund Klaus Riezler ein Auge auf das Traditionshaus. Er hatte viele Jahre als Hoteldirektor auf exklusiven Kreuzfahrtschiffen die Weltmeere befahren. Nun wollte er in seiner Heimat, dem Bregenzerwald, ein eigenes Hotel führen. Um die Sonne wieder zum Strahlen zu bringen, brauchte er viel Energie und ebenso viel Geld.

Also rief Riezler seinen alten Freund an und fragte ihn, ob er sein Elternhaus zurückkaufen wolle. Bischofberger fand Gefallen an der Idee. Aus sentimentalen Gründen, in Erinnerung an seine Eltern und aus wirtschaftlichen Überlegungen: Mit dem im Winter 2009/2010 realisierten Zusammenschluss der Skigebiete von Mellau und Damüls zeichnen sich neue Entwicklungsmöglichkeiten für die Region ab. Außerdem bietet Mellau auch im Sommer mit seiner reizvollen Bergnatur alles für entspannende und anregende Urlaube. Nun ist der Wissenschaftler zusammen mit Riezler auch Hotelier. Zwei Jahre dauerte die Planung für die neue Sonne. Riezler schaute sich alle namhaften Designhotels im Alpenraum an und entwickelte mit den Bregenzerwälder Architekten Bernd Frick und Richard Winkel die Vision für ein Hotel neuen Typs. Im März 2008 wurde die alte Sonne abgerissen. Im Dezember 2008 feierte die neue Sonne ihre glanzvolle Eröffnung. Der Komplex besteht aus zwei Gebäuden: dem „Gasthaus zur Sonne“, einem typischen Bregenzerwälderhaus mit holzgeschindelter Fassade, heimeligen Stuben und Kachelöfen – liebevoll und bis ins kleinste Detail originalgetreu wieder aufgebaut. Über einen Gang gelangt man ins zweite Haus, das „Sonne Lifestyle Resort“.

Von außen betont schlicht, sorgen im Inneren viel Holz, warme Farben und eine großzügige Raumgestaltung für eine einladende und anregende Atmosphäre. So fühlt man sich wie zuhause und gleichzeitig wie in der „großen weiten Welt“, die Riezler behutsam integriert hat: komfortable Zimmer und Suiten, alle mit Balkon und Holzboden, das lichtdurchflutete Spa, die schicke Bar, der Weinkeller mit Separee für Abendessen in kleiner Runde und der Havanna-Club, das einzige Refugium für Raucher im Haus. Authentisch erzählt die Sonne von den alten Zeiten: mit historischen Fotos, aufgenommen von Vater Bischofberger, die das Leben in Mellau in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts dokumentieren. Außerdem belebt die neue Sonne ihre Musik- und Kulturtradition: Mit dem „Margret-Bischofberger-Saal“ beginnt in der Sonne auch der Aufstieg eines neuen Kulturzentrums im Bregenzerwald.

Autorin: Ulrike Kinz
Ausgabe: Reisemagazin Winter 2009/10