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Gehen wir kuscheln?

Gehen wir kuscheln?

Gehen wir kuscheln?

Das Kuschelhotel Gams ist neben der Kirche in Reuthe und ihrer Totenkapelle, einem Heimatmuseum und einigen anderen Objekten eine Station am Umgang Bezau. Der Autor ergeht hier auch einen Teil seiner eigenen Geschichte.

Wir spazieren durch das schöne Bezau und ich erzähle, dass ich hier meine Jugend verbracht habe. Wir gehen zur Kirche – und schon erblickt meine Frau mit ihrem geschulten Auge eine Infosäule. „Schau“, sagt sie, „ein Hinweis für den Umgang.“ Damit meint sie jenen Rundgang, der in den meisten Dörfern im Bregenzerwald eingerichtet wurde. Das Prinzip ist einfach: An jeder Infosäule, einer Stele mit Edelrost, gibt es Informationen zu jenem Gebäude, vor dem sie steht.

Wir sind jetzt bei der Säule beim Kuschelhotel Gams in Bezau. Der Name ist hier auch für die Architektur Programm – durchaus einladend. „Gehen wir kuscheln?“, fragt mich meine Frau. „Brauchen wir dazu ein Hotel?“, frage ich zurück. Wir gehen weiter Richtung Oberbezau. Hier fällt mir ein altes Bregenzerwälderhaus neben einem modernen Holzhaus auf. Ziemlich typisch für die neue Vorarlberger Architektur, meine ich. Meine Frau schaut genauer. „Da gibt es Parallelen zum alten Haus“, meint sie. „Schau, die glatte Fassade, die Fensterbänder und schließlich so etwas wie den Schopf im Wälderhaus. Da haben die Architekten Helmut Dietrich und Much Untertrifaller auf die Tradition geschaut.“

Auf der Wiese steht ein alter Stadel. „Warum hat man zu diesem unscheinbaren Holzschuppen auch eine Stele gesetzt?“ fragt meine Frau verwundert. Ich versuche zu erklären, dass diese kleinen Städel früher landschaftsprägend für den ganzen Bregenzerwald waren. „Und überhaupt: In seiner Einfachheit ist dieser Stadel schlicht schön.“ Entlang des Grebenbachs kommen wir zu den ersten Häusern im Dorf, wo der Weg nach Reuthe führt. „Schau, die Kirche auf dem Berg. Das müsste unsere nächste Station sein.“ Schon hat sie die Stele gefunden. „Unglaublich, die Kirche ist schon 1250 urkundlich erwähnt.“ Gleich darunter, direkt an den Berg gebaut, finden wir die von Hermann Kaufmann entworfene Totenkapelle, ein kleines Meisterwerk. „Und dort unten“, ist meine Frau mit den Augen schon weiter, „sehen wir das Gesundhotel Bad Reuthe.

Seit 250 Jahren gibt es das schon. Baukörper aus verschiedenen Zeiten stehen nebeneinander, einer davon aus neuerer Zeit von Bernd Frick und Hermann Kaufmann.“ Mir bleibt nur die Ergänzung, dass Bad Reuthe eines der am besten ausgelasteten Hotels Österreichs ist. Nach einem Bürogebäude, an dem gleich drei Architekten aus der Großfamilie der Kaufmanns beteiligt sind, kann ich, um meine Frau zu beeindrucken, wieder auf meine Familiengeschichte hinweisen. Eine Vorfahrin von mir war im Besitz eines alten Bregenzerwälderhauses, das sie der Gemeinde unter der Bedingung vermachte, darin ein Heimatmuseum einzurichten. So ist es auch geschehen. Der Gemeinschaft dient auch das nächste Objekt, das durch eine Stele hervorgehoben wird: Das Sozialzentrum beherbergt eine Kinderkrippe ebenso wie Räume für alte oder behinderte Menschen. Schließlich ist auch die neue Bushaltestelle ein Platz für die Öffentlichkeit, ein Platz, dem in vielen Orten seit längerer Zeit mehr architektonische Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Wir haben den Dorfkern erreicht und meine Frau äußert wieder eine Idee: „Du könntest mich bei unserer nächsten Station auf eine Wellness-Auszeit bei Susanne Kaufmann im Hotel Post einladen, derweil kannst du ja die Architektur des Hauses anschauen“, schlägt sie vor. Immerhin sind für die Architektur Vater und Sohn, Leopold und Oskar Leo Kaufmann, verantwortlich. Während sich meine Frau ihrer Schönheit widmet, gehe ich zum letzten Objekt des Umgang Bezau, dem Bildungshaus Kloster. Im ehemaligen Kapuzinerkloster wurde der Kreuzgang mit einem Dach versehen und zum Mehrzwecksaal. Am Ende des Umgangs lotse ich mit einiger Mühe meine Frau aus der Wellnessoase ins nächste Gasthaus.

Autor: Walter Fink
Ausgabe: Reisemagazin Bregenzerwald – Sommer 2020